Unser Lucky war ein groß gewachsener, sehr sportlicher, schlanker, cleverer und sehr schön gezeichneter Kater mit weißen Pfötchen. Er war sehr lieb, aber immer ein Einzelgänger und unermüdlicher Jäger. Wir, meine Schwester Susi und Ich, hatten ihn aus einem Tierheim in Leipzig geholt. Damals war er zwei Jahre alt und ziemlich dünn. Er hatte Zeit seines Lebens immer Probleme mit dem Fressen. Er verweigerte immer die Nahrung, sobald es ihm nicht gut ging oder er Stress hatte. Und so waren wir gerade zu Anfang doch sehr bemüht ihm seine Lieblingsdosen und Leckerlies zu kaufen, damit er überhaupt etwas fraß. Und so gedieh er über die Jahre zu einem stattlichen Kater mit einer wunderschönen Zeichnung im Fell, welche im Tierheim noch überhaupt nicht sichtbar war. In den letzten Jahren fühlte er sich aber so wohl bei uns, dass er derjenige war, welcher immer als erstes am Fressnapf wartete, dass ihm seine Dosenöffner ihm sein geliebtes Kitekat (in Gelee) in den Napf füllten.
Wie die Werbung dieser Marke auch verspricht (“Sieben Leben sind zum Leben da”), kostete er seine sieben Leben auch voll aus. So hatten wir einiges mit ihm durchgemacht und so einige Arztbesuche und kleinere lokale Eingriffe durchgestanden. So etwas schweißt umso mehr zusammen.
So mauzte er eines Morgens, als Kristin zur Frühschicht fahren wollte, aus dem Fenster der Garage, in der er sich eingeklemmt hatte. Nachdem wir ihn vorsichtig befreit hatten war er allerdings im gesamten hinteren Teil gelähmt. Also fuhr ich mit ihm in die Leipziger Tierklinik – morgens um fünf. Er diagnostizierte, dass sich die Gliedmaßen wieder erholen würden, da sie nur eingeschlafen waren. Aber er konnte noch nicht abschätzen, ob auch innere Organe betroffen waren. Also banges Warten bis unsere Haus-Tierärztin aufmachte. Sie konnte nach einem ausführlichen Check zum Glück Entwarnung geben. Allerdings hatte Lucky damals viel, viel, viel, viel Glück gehabt. Danach kam noch ein spitzer Gegenstand, wahrscheinlich ein Nagel, welcher seine Wirbelsäule im hinteren Teil verletzte. Seit diesem Unfall konnte er seinen Schwanz nicht mehr lange oben halten. Und noch unzählige Entfernungen von Knochensplittern aus seinem Maul durch Schwester Kristin.
Er war ein aber auch ein unermüdlicher Jäger und hat es einmal fertig gebracht allein an einem Tag 21(!) Mäuse zu fangen – und am darauf folgenden Tag 32! Trotz seiner Streifzüge hatte er aber nie eine Zecke oder ähnliches Getier mit nach Hause gebracht. Nur eben Leckerlies für uns, in Form von Mäusen, Ratten und manchmal leider auch Vögeln. Wir waren immer “begeistert” über seine Mitbringsel.
Lucky war aber bei aller Sportlichkeit und Jagdtrieb immer sehr anhänglich und brauchte immer seine Streicheleinheiten. Er war immer in der Nähe. Wenn er nicht auf der Terrasse wartete, so schlief er meist in einer ruhigen, versteckten Ecke des Gartens – oder im Keller auf dem schön warmen Heizkessel. Er war auch immer der Erste, der um die Ecke lugte, wenn wir in die Einfahrt fuhren. Süß waren auch immer seine Versuche zu mauzen – der Mund ging zwar auf aber heraus kam nur heiße Luft. Und er war sehr schlau. Er wußte genau, was er durfte und was nicht und was man von ihm wollte. Das Einzige wo er alle Manieren vergaß waren Brathähnchen. Die roch er schon aus mehreren Kilometern Entfernung. Und natürlich blieb auch immer etwas für unseren Lucky übrig.
Man könnte noch viele Anekdoten und Geschichten zu ihm schreiben, obwohl er für Außenstehende eher der Unauffälligere unserer Katzen war. Wie er vehement sein Revier verteidigte, wie er immer in seiner Mule an der Heizung lag oder wie er jede Veränderung genau inspizieren musste. Denn Neugierig war er ja auch fürchterlich. Uns wird er immer als der liebevolle und sportliche Knuddel im Gedächtnis bleiben, der immer unser kleines Sorgenkind blieb. Aber deswegen hatten wir ihn auch so lieb. Er hatte sicherlich eine schöne Zeit bei uns und konnte sich voll ausleben. Wir hätten ihn gerne noch viele Jahre bei uns gehabt aber es hat nicht sollen sein. Und so wollen wir dankbar auf die letzten sechs Jahre schauen und ihn nie vergessen.
Doch eine kleine Parallele zwängt sich uns unwillkürlich immer wieder auf: genau zwei Monate vor dem Geburtstermin von Nele mussten wir Peterle (den Namen hatte ihm sein Vorbesitzer gegeben) an exakt der gleichen Stelle vom Straßenrand bergen. Und in genau zwei Monaten soll es wieder Geschrei im Hause Hellerherbst geben…
Und so schließt sich der viel zu oft zitierte Kreis des Lebens – altes geht und neues Leben kommt. So hart es auch manchmal sein kann.
Machs gut Lucky, wir vermissen dich,
deine hellen Herbsties